OP, 22.11.2008, von Paul Zielke
Mit einer Vorlese-Aktion in allen Klassen des Gymnasiums Philippinum erinnerten Lehrer und Schüler an die Bücherverbrennung vor 75 Jahren.
Marburg. Eine etwas andere zweite Schulstunde erlebten die Schüler des Gymnasiums Philippinum am Donnerstag. Anstatt zu rechnen oder Vokabeln zu lernen, lasen ihnen ihre Lehrer vor. Ob Unterstufenschüler der Klasse 5 oder angehende Abiturienten, für 45 Minuten ruhte der Lehrplan, und alle Schüler lauschten den Worten ihrer Lehrer. Anlässlich der Aktion „Wir lesen vor“ – einer Initiative der „Stiftung Lesen“ und der Zeitung „Die Zeit« – organisierte die Bibliotheks-AG des Gymnasiums eine Vorlesestunde und fand dafür ein einheitliches Thema: Lehrer trugen ausschließlich Werke von Autoren vor, die vor 75 Jahren von den Nationalsozialisten verboten und verbrannt wurden. Bücher von Erich Kästner oder Kurt Held standen für die jüngeren Schüler auf dem Programm, Werke von Kurt Tucholsky oder Bertolt Brecht für die Älteren. Darüber hinaus gab es fachübergreifende Bezüge wie „Die Entartete Kunst“ der Dadaisten in einem Kunstkurs oder englischsprachige Literatur von Jack London im Englischunterricht. In einem Französischkurs wurde aus Remarques „À l’Ouest, rien de nouveau“ (Im Westen nichts Neues) vorgelesen. |
Bereits einige Tage zuvor hatten Lehrer die Bücherverbrennungen von 1933 zum Inhalt ihres Unterrichts gemacht. In den Fächern Deutsch, Geschichte sowie Politik und Wirtschaft sprachen Lehrer und Schüler über die verbotene Literatur der damaligen Zeit und zugleich darüber, wie sich die Bücherverbrennung in Marburg abspielte. Anhand eines OP-Artikels vom 11. Mai 1933 erfuhren die Schüler Einzelheiten über die Massenversammlung rund um den Scheiterhaufen auf dem Kämpfrasen.
Eine der Organisatorinnen der Aktion, Deutsch- und Religionslehrerin Michaela Graff, war nach der Vorlesestunde begeistert. „Die Schüler hatten die Möglichkeit, verschiedene Werke kennenzulernen und bei Interesse in einer Sonderausstellung unserer Schulbibliothek auszuleihen.“ Das Interesse wurde offenbar geweckt, denn bereits wenige Minuten nach dem Ende der Vorlesestunde füllte sich die Schulbibliothek zusehends und die Regale der Sonderausstellung waren belagert. |
Vorlesetag 2007
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Ich bin stolz auf uns!
Kirsten Eckhardt, AG Bibliothek
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