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Neuer Schüleraustausch |
Schüler entdecken den Alltag und die Lebensfreude Süditaliens Die EU wächst und auch die neun Schüler des Philippinums sowie die drei Schülerinnen der Elisabethschule in Marburg erweitern ihren europäischen Horizont: Erstmals fand in diesem Jahr ein Schüleraustausch mit dem „Istituto Salvatore Pizzi“ in Capua statt. Die deutsche Schülergruppe im Amphitheater von Capua
Auftakt der neuen Schulpartnerschaft war vergangene Woche (29.9. bis 6.10.2010), als die Schüler/-innen in Begleitung ihrer Italienischlehrerin Martina Lameli Capua besuchten und eine Woche lang Land und Leute kennen lernten. Mit Begeisterung nahm die deutsche Gruppe am italienischen Unterricht teil, erfuhr das Temperament und die Herzlichkeit Süditaliens und entdeckte in Studienreisen nach Neapel, Pompeji, Caserta sowie an die amalfitanische Küste die Schönheit der Region Kampanien. Dies sowie die gelungenen familiären Anbindungen in Italien, die schulischen Erlebnisse und der Gewinn neuer Freunde machten den Austausch für Italiener und Deutsche zu einem vollen Erfolg.
Die deutsche Gruppe mit ihren Austauschpartnern im Forum Pompeji M. Lameli
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Auf Spurensuche in Sachen Wehrmachtsbesatzung und Partisanenkampf |
Schüleraustausch mit dem Liceo Linguistico G. Soleri in Saluzzo, Provinz Cuneo (Piemont), Italien 15 Schülerinnen und Schüler der drei Marburger Gymnasien, die am Italienischkurs der Jahrgangsstufe 12 (Frau Dr. Schreder) und an einem Geschichtskurs des Gymnasium Philippinum (Herr Dr. Rosenkötter) teilnehmen, waren vom 14. bis zum 21. November 2009 an Schauplätzen deutscher Besatzungspolitik und des Widerstandskampfes italienischer Partisanen während des Zweiten Weltkriegs unterwegs. In „Il disperso di Marburg“ beschreibt Revelli seine Recherchen zu einem Vorfall, von dem er zunächst nur durch Erzählungen gehört hatte: Im Frühjahr 1944 sei ein deutscher Wehrmachtsoffizier, der in der Gegend um Cuneo regelmäßig alleine ausgeritten sei und in der Bevölkerung als einer der wenigen „guten Deutschen“ angesehen wurde, von Partisanen erschlagen worden. Da der Leichnam nie gefunden wurde, hat man auf deutscher Seite das Verschwinden offenbar als Desertion gedeutet, jedenfalls kam es nicht zu Geiselerschießungen oder anderen Vergeltungsmaßnahmen der deutschen Wehrmacht gegen die italienische Bevölkerung, die sonst durchaus üblich waren. Die Nachforschungen, die sich über Jahre hinzogen und an der etliche Mitstreiterinnen und Mitstreiter beteiligt waren, ergaben, dass es sich bei dem verschollenen Deutschen um Rudolf Knaut gehandelt hatte, den Sohn einer Marburger Familie, der in der elterlichen Wohnung Am Grün 15 aufgewachsen und der kurz nach seinem Abitur an der Martin-Luther-Schule schon im September 1939 zur Wehrmacht eingezogen worden war. Beeindruckend war die Spurensuche vor Ort mit einer Fahrt zu der Kaserne, von der Knaut seinerzeit seine Ausritte gestartet hatte, einem Gang entlang seiner Reitstrecke zum vermutlichen Ort des Überfalls und zu dem Fluss, von dem sein Leichnam wahrscheinlich weggespült und deshalb nie gefunden wurde. Zum Programm gehörten aber auch der Besuch einer Gedenkstätte am Bahnhof des Ortes Borgo San Dalmazzo für die Juden aus der Region, die von den deutschen Besatzern 1943 von hier aus in die Vernichtungslager deportiert wurden (eine vergleichbare Gedenkstätte zur Erinnerung an die Deportationszüge findet sich bis heute an keinem einzigen Bahnhof der Deutschen Bahn!), und ein Empfang durch die Kulturdezernentin des Ortes, die die Geschichte der Deportation in einem Vortrag erläuterte; der Besuch der Synagoge in Saluzzo, ein Treffen mit einem Vertreter der jüdischen Gemeinde und ein Rundgang, der an den „giardini Rosa Bianca“ („Park der Weißen Rose“ – wer hätte das in einer norditalienischen Kleinstadt erwartet?) begann und dann zu den „tracce del ricordo“ führte, Gedenktafeln an die deportierten Juden der Stadt, die ähnlich wie die in Marburg verlegten Stolpersteine vor den ehemaligen Wohnhäusern der Ermordeten am Boden angebracht sind. Schülerinnen und Schüler eines Geschichtskurses der Partnerschule trugen dort die Biographien und eigene Gedanken zu den Ereignissen in Form von selbst geschriebenen Briefen oder Gedichten vor. Bei einer anderen Veranstaltung in den Räumen der Stiftung „Fondazione Nuto Revelli“, die das Austauschprogramm finanziell unterstützte, trugen Schülerinnen und Schüler einer Kunsthochschule aus Cuneo die musikalischen, literarischen und bildlichen Ergebnisse ihrer Auseinandersetzung mit der Geschichte des „verschollenen Deutschen“ in Form einer konzertanten Lesung und Ausstellung vor. Höhepunkt des Programms war eine wissenschaftliche Tagung, die am letzten Tag unseres Besuchs im historischen Rathaus von Saluzzo stattfand. Shelley Stock, die mit Nuto Revelli an den Recherchen zu dem verschollenen Deutschen gearbeitet, die im Militärarchiv Freiburg entscheidende Hinweise zu seiner Identifizierung gefunden und die nun als Deutschlehrerin am Liceo Linguistico G. Soleri den Austausch in die Wege geleitet hatte, hatte eigens aus diesem Anlass andere beteiligte Wissenschaftler zu dieser Tagung nach Saluzzo eingeladen. Michele Calandri, Direktor des Istituto Storico della Resistenza e della Società Contemporanea in Provinicia di Cuneo, Prof. Dr. Christoph Schminck-Gustavus, Professor für Rechtsgeschichte an der Universität Bremen und Shelley Stock berichteten hier über ihre Bekanntschaft mit Nuto Revelli und die wechselvolle Geschichte ihrer Bemühungen, dem verschollenen Deutschen einen Namen und ein Gesicht zu geben und auf diese Weise zur Aufarbeitung der Geschichte und zur Verständigung der ehemaligen Kriegsgegner beizutragen. Der Gegenbesuch der italienischen Schülerinnen und Schüler in Marburg wird im Frühjahr 2010 stattfinden. Dr. Bernhard Rosenkötter
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25 Jahre Austausch mit Italien |
Seit 25 Jahren besteht der deutsch-italienische Schüleraustausch. Im Frühjahr 1983 besuchte eine Schülergruppe aus der 12 mit Frau Schreder unsere damalige Partnerschule in „Tor sapienza“ in Rom. Diese Schule war noch ziemlich weit außerhalb des Zentrums, in einem Vorstadtbereich gelegen und alles war ziemlich improvisiert und abenteuerlich. Ein wirklicher Schüleraustausch, d.h. jeweils die Muttersprache eines Partners ist Unterrichtsfach des anderen und wird tatsächlich als Verständigungssprache genutzt, war nämlich damals für Rom noch ziemlich ungewöhnlich. Wir hielten aber an dem Ziel Rom hartnäckig fest, da Rom wegen der Sprachenfolge am Philippinum in Verbindung mit Latein eine besondere Bedeutung für uns hatte. Bereits im nachfolgenden Jahr konnten wir dann den Austausch mit einer näher gelegenen Schule in der Piazza Dante (in der Nähe der Kirche „Santa Maria Maggiore“) durchführen und wurden auch offiziell im Kapitol empfangen, wo wir von dem römischen Vizebürgermeister eine Freundschaftsmedaille ausgehändigt bekamen. Dieser schöne Brauch wurde allerdings von römischer Seite bald eingestellt, weil die Zahl der Schüleraustausche mit römischen Schulen in den folgenden Jahren deutlich anstieg und das Ganze dadurch den Charakter des Besonderen verlor. Heute führen wir den Schüleraustausch mit der durch die U-Bahn gut vom Zentrum aus zu erreichenden Modellschule „Peano“ durch. Diese Schule experimentiert mit einer Sprachenfolge, in der Deutsch in Kombination mit Englisch und Spanisch angeboten wird. Der Besuch der deutschen Gruppe, bestehend aus 20 Schülerinnen und Schülern jeweils aus der 12 und der 13 zusammengesetzt, findet 2008 vom 24.10. bis zum 1.11. statt. Dr. G.Schreder
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