„Klickwinkel Vidoewettbewerb“
Die Oberhessische Presse berichtete am 04.04.2019 online:
Allein im Regen: Film über Verzweiflung
Christian Warwel und Noah Dengler wurden für ihren Kurzfilm „Alleine“ geehrt. Die beiden 17-Jährigen sind schon erfahrene Filmemacher.
Marburg
Ein junger Mann flüchtet sich durch den Regen. An einer Hauswand sinkt er zu Boden, sichtlich verzweifelt. Er holt eine Pistole hervor und hält sie sich an den Kopf. Da blinkt sein Handy auf. Ein Bekannter hat ihm eine Nachricht auf WhatsApp geschrieben. Darin schlägt er vor, sich mal wieder zu treffen. Der Mann legt die Pistole aus der Hand.
„Alleine? Es gibt immer jemanden, der für dich da ist“, heißt es in der Einblendung. Bei dem Videowettbewerb „Klickwinkel“ der Vodafone Stiftung Deutschland erhielt der Film keinen Preis, sondern eine „lobende Erwähnung“. Denn er passte nicht zur Aufgabenstellung, sagt Noah Dengler. Der 17-Jährige stand hinter der Kamera, sein Mitschüler Christian Warwel hat geschauspielert und beim Schnitt geholfen.
Soziale Isolation, Depression, Suizid
Journalistisch-dokumentarische Filme seien eigentlich gefragt gewesen, sagt Noah Dengler. Dass die beiden dennoch geehrt wurden, sei daher eine umso größere Auszeichnung, so der Elftklässler. Die beiden jungen Filmemacher wollten sich mit Themen beschäftigen, die Jugendliche bewegen. Soziale Isolation, Depression, Suizid.
„Man bekommt im entfernten Freundeskreis viel mit, dass es diese Gedanken gibt“, sagt Christian Warwel. „Wir haben lange überlegt, ob man mit dem Film nicht aneckt und ob das der richtige Weg ist, das zu thematisieren“, erzählt der 17-Jährige.
Der Film wird von dramatischer, klassischer Musik begleitet. Blut ist im Spiel, Nebel, die Kamera hält lange auf den leidenden Protagonisten. „Das ist dramatisch übertrieben“, sagt Noah Dengler. „Dadurch trifft einen der Film“, sagt Christian Warwel. „Einige mussten schon gut schlucken“, erzählt er von der Preisverleihung. Zudem hätten sie von vielen professionellen Medienmachern positives Feedback bekommen.
Die beiden machen nun schon seit mehr als vier Jahren zusammen Filme, seit sie sich kennengelernt haben. Denn beide hatten auch schon zuvor das Hobby. Noah Dengler: „Ich habe in der Grundschule mit meiner Nachbarin ein eigenes stundenlanges Fernsehprogramm aufgenommen, Nachrichten, Shows, Werbung“. Auch Christian Warwel hat schon von Kindheitstagen an kleine Filme gemacht und seit der Grundschule in Theatergruppen gespielt.
Ihre Arbeit hat auch schon begonnen, Früchte zu tragen. Los ging es im August 2017 mit einem Imagefilm für die Gemeinde Ebsdorfergrund über den Ortsteil Wittelsberg, dem Heimatdorf von Christian Warwel. Hinzu kamen zwei Filme über den Ortsteil Leidenhofen sowie ein Imagefilm über die Feuerwehr Dreihausen (die OP berichtete). Dafür bekamen sie jeweils eine Aufwandsentschädigung. Und sie arbeiten auch schon wieder am nächsten Projekt für die Gemeinde Ebsdorfergrund.
„Wenn es so weiterläuft, wie im Moment, führt fast kein Weg daran vorbei, nach dem Abi eine kleine Firma aufzumachen“, sagt Noah Dengler. „Das wäre ein Traum“, schwärmt Christian Warwel. Die beiden Elftklässler drehen bisher immer in ihrer Freizeit.
Schüler drehen mit einer Spiegelreflexkamera
Seit dem Wettbewerb haben sie schon einen weiteren Kurzfilm zum Thema Suizid gemacht – darüber, wie es denen geht, die mit der Erinnerung daran weiterleben. In dem Video kommt auch ein Gimbel zum Einsatz, ein Kamerastabilisator, der professionelle Kamerafahrten ermöglicht. Den hatten sich die beiden bei einer Filmproduktionsfirma ausgeliehen. Bisher drehen die beiden Schüler mit einer kleinen Spiegelreflexkamera.
Aber auch eine Drohne und eine Nebelmaschine gehören beispielsweise schon zu ihrer Ausrüstung. „Wir versuchen, das beste daraus zu machen“, sagt Noah Dengler. Trotzdem: „Was das nächste neue Equipment sein könnte, ist bei uns ein Dauerthema.“ Auch, wenn sich die beiden Schüler zuletzt mit ernsten Themen beschäftigt haben, hatten sie Spaß bei den Dreharbeiten, erzählen sie.
Ein Gartenschlauch hat in „Alleine“ für den Regen gesorgt. Trotzdem sagt Noah Dengler: „Wir haben vor, in naher Zukunft einen positiven Film zu machen.“ Die Videos sind auf dem Youtube-Kanal „NC Movie“ zu sehen.
von Freya Altmüller