Das Marienleben von Rainer Maria Rilke in der Vertonung von Paul Hindemith live am Gymnasium Philippinum
Am 10.11.2016 wird am Gymnasium Philippinum ein Meilenstein moderner Musikgeschichte zu Gehör gebracht: Das Marienleben von Paul Hindemith. Die Ausführenden sind Marion Clausen (Sopran) und Peter Groß (Klavier). Konzertbeginn: 19:30 Uhr im Kultidrom. Der Eintritt ist frei.
Die Gelegenheit, dieses Werk einmal live zu hören, sollte man sich nicht entgehen lassen:
Die biblische Gestalt der Maria hat den Dichter Rainer Maria Rilke Zeit seines Lebens nicht losgelassen. Marias Schicksal ist eines der bewegendsten der Bibel, ungeachtet dessen, ob man an die unbefleckte Empfängnis glaubt oder nicht. Und so hat Rilke in einem ganzen Gedichtzyklus ihrem Leben nachgespürt, dem Leben dieser jungen, schlichten Frau, die ihre eigene Überhöhung mit Verwunderung und Staunen wahrnimmt, ohne sie recht zu verstehen, diese gleichwohl aber auch selbstbewusst und wie selbstverständlich annimmt. Ihr Leben ist ein überwältigendes: Und so überschreibt Rilke sein Marienleben: Den Sturm in sich tragend – ζάλην ἔνδοθεν ἔχων.
Paul Hindemith, der als einer der bedeutendsten Komponisten des 20. Jahrhunderts gilt, hat diese Faszination für Maria geteilt und war tief berührt von Rilkes Poesie. Schon als junger Mann (mit 27 Jahren) vertont er den Zyklus der 15 Rilke-Gedichte, ist aber schon nach den ersten Aufführungen nicht mehr sicher, ob seine Komposition den Kern von Rilkes Dichtung wirklich trifft. Und so kommt es zu einem höchst seltenen Phänomen in der Musikgeschichte: Hindemith komponiert sein Marienleben 25 Jahre später ein zweites Mal, noch einmal ganz neu. Nun ist er 52. Man erkennt, dass das Marienleben für Hindemith ein Lebenswerk ist. Es gilt heute als eines der bedeutendsten Zeugnisse der Liedkunst des 20. Jahrhunderts.
Marion Clausen