Der Schrecken der Zukunft

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Eine Kurzgeschichte der 7a

Es war Freitagvormittag, fünfte Stunde, in der die 8 Klasse der Realschule Battenberg gerade Französisch hatte. Der 14-jährige Milan lag gelangweilt auf seinem Tisch und kritzelte vor sich hin, statt dem Unterricht zu folgen.

Auf einmal tippte ihn jemand an der Schulter an, er drehte sich ruckartig um und blickte entsetzt in das Gesicht seiner aufgebrachten Französischlehrerin. „Milan, ich ermahne dich heute schon zum dritten Mal! Wenn du so weitermachst, bekommst du noch eine fünf auf dem Zeugnis. Hast du wenigstens deine Hausaufgaben gemacht?“ Milan lehnte sich in seinen Stuhl zurück, völlig unbeeindruckt von den Worten der Lehrerin, schnalzte kurz mit der Zunge und sagte schließlich: „Nö, warum sollte ich?“  Die Lehrerin war fassungslos, doch gerade als sie ihn tadeln wollte, ertönte aus den Lautsprechern an der Decke die Stimme des Direktors: „Ich bitte euch alle umgehend die Schule zu verlassen, es wurde ein enormer Wasserschaden festgestellt, die Schule muss bis auf Weiteres für zwei Wochen geschlossen bleiben. Ihr werdet aber Arbeitsaufträge von zu Hause bearbeiten müssen.“

Alle Kinder hielten sich dran und arbeiteten die nächste Woche fleißig von zu Hause den Stoff ab, den die Lehrer ihnen mitgegeben hatten, außer Milan. Milan gaukelte seinen Eltern vor, er würde etwas für die Schule machen, doch sobald seine Eltern auf die Arbeit verschwunden waren, pfefferte er sein Schulzeug einfach in die Ecke. Er verbrachte seine ganzen Mittage nur mit Videospielen…

Am zehnten Tag der „Schulzeit zuhause“ wacht Milan nachts plötzlich von einem merkwürdigen Poltern auf „Was ist das?!“, murmelt Milan zu sich selbst, schlaftrunken knipst er das Licht seiner Nachttischlampe an. Milan erstarrt förmlich, denn in roter Krakelschrift befindet sich an seiner Wand eine Nachricht: Gehe sofort in den Keller! Milans Herz fing an zu pochen, 1000 Fragen schießen innerhalb von Sekunden durch seinen Kopf. Mutig beschließt Milan sein Zimmer zu verlassen, und erstmal seine Eltern aufzusuchen. Als er das Schlafzimmer seiner Eltern betritt, traut er seinen Augen kaum, die Betten sind leer! Da, wo seine Eltern vor paar Stunden noch seelenruhig geschlafen hatten, ist niemand! Milan wird kreidebleich im Gesicht, er zwickt sich, in der Hoffnung, dass das alles hier nur ein Traum ist, doch so sehr er auch hofft, es ist keiner. Das alles hier ist quicklebendig!

Milan versucht, trotz der Angst im Nacken, einen klaren Kopf zu bewahren und seinen nächsten Schritt zu überlegen, doch er wird von einem furchtbaren Knall aus dem Keller unterbrochen. Ihm läuft es eiskalt über den Rücken, jemand ist im Keller. Eins ist klar, er muss sofort da runter, seine Eltern könnten in Gefahr sein! Ganz langsam schleicht Milan auf Zehnspitzen in den Flur. Es ist stockdunkel und er schwitzt am ganzen Körper. Noch nie an seinem Leben hatte er so viel Angst wie jetzt.

Er tastet sich mit seinen schweißgebadeten Händen an der Wand lang Richtung Küche, wo sich die Kellertreppe befindet. Kurz vor der Treppe bleibt er stehen, er fühlt sich wie gelähmt vor Angst, „Soll er wirklich da runter? Wer weiß, was ihn da erwartet?“  Nein, er darf jetzt nicht kneifen, seine Eltern könnten in ernster Gefahr sein! Mit einem mulmigen Gefühl im Bauch, und einem zitternden Körper, steigt er die Steintreppe hinab, sie ist so rutschig, dass Milan aufpassen muss, dass er nicht wegrutscht. Endlich hat er das Ende der Treppe erreicht, jetzt trennt ihn und der Keller nur noch eine Tür. Er versucht durchs Schlüsselloch zu spähen, doch es ist zu düster, um etwas zu erkennen, dafür hört er aber eindeutige Geräusche, die ihm signalisieren, dass sich dort jemand befindet. Jetzt zählt nur noch „Augen zu und durch“!

Er legt seine Hand auf die Türklinke und drückt sie vorsichtig mit einem Knirschen nach unten. Die Tür öffnet sich langsam, so dass Milan in den Raum gucken kann, er verfällt sofort in Schockstarre. Da steht eine Gestalt in einem schwarzen Umhang, umgeben von einem merkwürdigen Ring, grell aufleuchtend wie ein Blitz! Sie ist ihm mit dem Rücken zu gewandt, sodass Milan ihr Gesicht nicht sehen kann. Milan würde am liebsten sofort in Geschrei ausbrechen, doch seine Kehle ist wie zugeschnürt. Die Gestalt aber sagt barsch: „Du bist also Milan? Komm rein, ich habe die ganze Zeit auf dich gewartet.“  „W-a-s? W-i-e?“, stottert Milan verdattert, „Woher kennst du meinen Namen, und wer bist du?!“ „Setz dich erstmal“, die Gestalt zeigt auf einen leeren Stuhl. Milan lässt sich notgedrungen auf den Stuhl nieder. Dann setzt sich die Gestalt ihm gegenüber, was ihn ihm direkt den nächsten Schock auslöst, denn er blickt in ein leeres Gesicht, oder besser gesagt, in gar kein Gesicht! Dreht er jetzt komplett durch? Nein, das alles ist Realität.

Nach paar Sekunden verwirrtem Anstarren, fragt Milan schließlich mit brüchiger Stimme: „Wie heißt du, Fremder?“  „Ich bin der Schrecken der Zukunft“, fing die Gestalt an zu erklären, „ich bin dafür da, Kinder zur Vernunft zu bringen. Ich sorge sowohl für ihre, als auch für deine Zukunft. Ich wurde geschickt, weil man um deine Zukunft besorgt ist, denn so wie du dich jetzt verhältst, kann es einfach nicht mehr weitergehen. Hast du dich denn nie gefragt, wie dein späteres Leben aussehen wird, wenn du nicht deine Einstellung zur Schule und allgemein zum Leben änderst? Nö? Ich zeig`s dir.“ 

Der Schrecken der Zukunft gibt Milan eine Augenmaske, welche Milan nach kurzem Zögern aufsetzt. Auf einmal fängt sich alles vor seinen Augen an zu drehen, ihm wird ganz schwummrig, während er fest die Augen zukneift und den Atem anhält. Dann erscheint vor seinen Augen eine andere Welt, er sieht sein zukünftiges Ich, wie es ohne Geld, ohne Abschluss und ohne Wohnung auf der Straße lungert. Im nächsten Moment sieht er noch seine Mutter, wie sie weinend auf dem Boden sitzt, weil sie sich die Schuld dafür gibt, dass aus ihrem Jungen nichts geworden ist und er jetzt so leiden muss. Mit einem Rumms verschwindet die Welt wieder und ihm wird die Augenklappe abgenommen. Der Schrecken der Zukunft flüstert: „Und mein Junge, was hast du empfunden?“  „Es war schrecklich, so will ich nicht enden! Ich will, dass meine Eltern später stolz auf mich sein können“, entgegnet Milan bedrückt mit Tränen in den Augen. „Dann ändere dich, du hast es in der Hand, du schaffst das!“, spricht der Schrecken der Zukunft ihm motivierend zu. Im nächsten Moment ist der Schrecken der Zukunft dann auch schon verschwunden und Milan liegt wieder in seinem Bett als wäre nichts gewesen.

Doch es ist viel passiert, Milan hat jetzt eine ganze andere Einstellung! Natürlich zockt er weiterhin mit seinen Freunden, aber in Maßen, sodass er trotzdem noch genug Zeit für die Schule hat. Der Schrecken der Zukunft hat ihm die Augen geöffnet, in fünfzehn Jahren wird er ihm sicher dankbar sein, dass er ihm damals so geholfen hat.

Svea Seneberg

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