Autorenlesung mit Edgar Rai vom 28.01.2015
Im Rahmen des 11. Marburger Lesefestes kam der Berliner Autor (und ehemaliger „Philippiner“!) Edgar Rai nach Marburg, um unter anderem auch an unserer Schule aus seinem Jugendbuch Sunny war gestern vor der 8. Jahrgangsstufe zu lesen. Kurz zur Person:
Edgar Rai wurde 1967 im hessischen Hinterland geboren, machte in Marburg sein Abitur, war vorher noch ein Jahr in Amerika. Er studierte in Marburg und Berlin verschiedene Fächer und schloss mit Musikwissenschaften und Anglistik ab.
Während, zwischen und nach dem Studium hatte er unterschiedliche Tätigkeiten, war unter anderen Chorleiter, Basketballtrainer, Redakteur und Handwerker. Seit 2001 ist Edgar Rai freier Schriftsteller. Von 2003 bis 2008 war er Dozent für kreatives Schreiben an der FU-Berlin und ist seit 2012 Mitinhaber der Buchhandlung Uslar & Rai in Berlin.
Zunächst lief das übliche Procedere ab: Altersgemäß etwa träge füllten die Schülerinnen und Schüler der 8. Klassen den Ort der Lesung, die Cafeteria der Schule. Hier und da noch Geraschel, Stühle wurden noch vereinzelt geholt und zurechtgerückt, teils erwartungsvolle, teils aber auch skeptische Blicke in Richtung des Autoren, der gelassen und ohne Mikro den ca. 80 Augenpaaren entgegenblickte, die z.T. keinen Hehl daraus machten, dass sie sich unter einer „Lesung“ durchaus etwas eher „Langweiliges“ vorstellten – eine schulische Pflichtübung eben. Das sollte sich nach den ersten Minuten jedoch schlagartig ändern… Herr Rai umriss kurz den Entstehungskontext des Buches, erwähnte die kriminelle (Jugend-)Biografie seines jetzigen Freundes und Partners, die wohl in die Handlung Eingang gefunden habe und begann dann aus ausgewählten Textstellen des Buches zu lesen: Die Schülerinnen und Schüler ließen sich schnell sowohl auf die gelungene Lesart als auch auf die spannende Handlung ein:
Sunny sieht super aus, ist Schulsprecher und bei allen beliebt – ein echter Glücksgriff. Deshalb will es auch nicht in Lauras Kopf, dass ausgerechnet ihr Freund Sunny an einer U-Bahn-Schlägerei mit Todesfolge beteiligt gewesen sein soll. Bilder der Überwachungskamera lassen allerdings keinen Zweifel zu und Sunny muss in U-Haft. So lange, bis in Berlin ein anderer Tatverdächtiger festgenommen wird – Sunnys Zwillingsbruder Yasir. Ein Zwillingsbruder? Davon wusste Sunny gar nichts!
Gekonnt schaffte es der Autor, in der Figurenrede zwischen Sunny und Yasir hinsichtlich Betonung, Sprachniveau und Stimmlage zu wechseln und die Figuren sehr lebendig und präsent wirken zu lassen. Besonders der z.T. derbe Soziolekt Yasirs, aber auch die sonstige zeitgemäße sprachliche Darbietung schlugen eine Brücke zur Jugendlichkeit des Auditoriums und schafften es, die anfängliche Skepsis in ein gebanntes Lauschen zu wandeln.
Die nachfolgende Gesprächsrunde mit Herrn Rai setzte diese positive Stimmung fort: Ungewöhnlich offen und schülernah beantwortete er viele Fragen der Schülerinnen und Schüler, berichtete aus seinem Leben und offenbarte die eine oder andere Anekdote aus seiner Schülerzeit am Philippinum – was erwartungsgemäß besonders gut ankam.
Gespräche nach der Lesung mit einzelnen Schülerinnen und Schülern haben gezeigt, dass es doch immer wieder lohnend ist, Bücher über und mit ihren Autoren lebendig werden zu lassen und jungen Menschen zu zeigen, wie spannend und schillernd sowohl die fiktionale als auch die reale Welt dahinter sein kann.
Alexander Luigs